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Vortrag von Gerhard Schröder auf der Universität Wrocław
Montag, den 18. Oktober 2010 um 08:27 Uhr

 

Gute Nachbarschaft in Europa ist eine gemeinsame Herausforderung für Polen und Deutschland!


Diese Botschaft sendete Gerhard Schröder während seines Vortrags ,,Die Europäische Union in der globalisierten Welt - Chancen und Herausforderungen für Polen und Deutschland“  am Donnerstag, den 07. Oktober, in der Aula Leopoldina. Der ehemalige Kanzler der BRD kam auf Einladung der Friedrich Ebert Stiftung und des Willy Brandt Zentrums für Deutschland- und Europastudien nach Wrocław, die an der Universität Wrocław seit Jahren anlässlich des Todestages (10. Oktober) des Namenspatrons des Zentrums die Reihe ,,Willy Brandt Lectures“ organisieren.

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Sowohl der Kanzler als auch der Gastgeber des Treffens, der Rektor der Universität Wrocław Professor Marek Bojarski, haben den besonderen Charakter des Vortrags betont. Auf das Jahr 2010 fallen zwei sowohl für die Deutschen selbst wie auch für die deutsch-polnischen Beziehungen wichtige Jahrestage. Zwanzig Jahre der Wiedervereinigung Deutschlands und der vierzigste Jahrestag des Besuchs Willy Brandts in Warschau, während dem es zu der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages zwischen der Volksrepublik Polen und der BRD kam. Damals kniete Willy Brandt auch vor dem Ehrenmal des Gettos in Warschau nieder und gab damit den polnisch- deutschen Beziehungen einen vollkommen neuen Ausdruck.

 

In seinen Begrüßungsworten hat Rektor Bojarski mehrmals die für Polen und Deutschland  gemeinsamen, historischen Begebenheiten angesprochen, zu denen auch die Geschichte Wrocławs und der Universität Wrocław gehört. ,,Wir wollen, dass man die drei Traditionen  unserer Universität, die österreichische, die deutsch-preußische und die polnische, im Gedächtnis behält und sie pflegt“ ,versicherte der Rektor. Zugleich wendete er sich mit Danksagungen für die Unterstützung der Initiative der Erschaffung des Willy Brandt Zentrums an Bundeskanzler Schröder und Premier Miller. Das Zentrum ist eine wichtige Einrichtung für die internationalen Studien der Universität Wrocław und ,,dient der Annäherung unserer Länder, der Leitung und Präsentation von Studien wie auch dem Meinungsaustausch über das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Lebens in Deutschland, Polen und Europa.

Die Bedeutung der gemeinsamen Gegenwartsgeschichte der beiden Länder betonte der Direktor der Friedrich Ebert Stiftung in Polen, Herr Knut Detlehsen, in seinem Auftritt. Er überzeugte, dass es ohne die ,,Solidarność“ und die Friedensrevolution von 1989, nicht möglich gewesen wäre die Hauptwerte des politischen Denkens von Willy Brandt, d.h. Freiheit Solidarität und Gleichberechtigung, zu pflegen und zu realisieren.

 

An die politischen Ziele Willy Brandts und seiner Europavision knüpfte auch  Gerhard Schröder mehrfach an, der die Westpolitik Brandts und ihre moderne Modifizierung - in der Form Europäische Union - Russland, zum Hauptelement seiner Analyse der letzten 40 Jahre der deutsch-polnischen Beziehungen, der Analyse des modernen Bildes der Europapolitik und ihrer zukünftigen  Entwicklungsrichtungen machte.

 

Gute Nachbarn

In seinem Auftritt hat Gerhard Schröder die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen nach dem II Weltkrieg angedeutet. Er betonte, was für eine  zeitaufwendige Aufgabe es für die beiden Länder sei, das Modell einer ,,guten Nachbarschaft“ auszuarbeiten, das auf Partnerschaftsbedingungen und gegenseitigem Vertrauen gestützt ist. Er überzeugte, dass die heutigen deutsch-polnischen Beziehungen, die nicht nur auf den gemeinsamen politischen Zielen sondern vor allem auf dem Dialog in verschiedenen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens   gestützt sind, als ein Beispiel für eine Partnerschaft im Einheit und Verständigung suchenden Europa diene sollte. Als Beispiel wurden hier die lokalen Gesellschaftsinstitutionen, der Austausch, Jugendprojekte  und die weitentwickelte akademische Zusammenarbeit dargestellt.

Eine gute Nachbarschaft zwischen Polen und Deutschland bezeichnete Gerhard Schröder auf der einen Seite als ein wichtiges Element der polnischen Bemühungen bei der Ausarbeitung einer eigenständigen internationalen Position nach dem Jahr 1989, auf der anderen Seite aber auch als von  ein politisches Ziel Deutschlands, das schon 1970 von Willy Brandt bestimmt wurde, ein Ziel, ohne das die Wiedervereinigung Deutschlands nicht möglich wäre.

In diesem Zusammenhang unterstrich der Kanzler die positiven Aspekte der Gegenwartsgeschichte der beiden Länder, die zum Ende der  Epoche der ,,Nachbarschaft der Missverständnisse“ beigetragen haben, die fast das ganze 20. Jahrhundert umfasste: ,,Solidarność war eine Friedensbewegung(…)die weit über die polnische Grenze hinaus reichte (…). Sie war auch einer der Faktoren, der die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglichte. Sie ermöglichte zugleich die Lösung des Problems, dass auf den Deutschen schon seit über 200 Jahren lastete, seit dem Jahr 1806, als Napoleon das Heilige Reich der Deutschen Nation auflöste, das Problem der deutschen Frage. ,,Die 1990 und 1991 unterzeichneten internationalen Verträge über die Oder und Neiße Grenze waren die Garantie und die letzte Antwort auf die potentiellen Förderrechte, nicht nur für die Polen, aber auch für die Deutschen“, überzeugte Schroeder . ,,Während meiner Kanzlerkadenz hat man jedoch stets die Förderrechte zur  Rückgabe der  Güter und die  Reparationen unter der Adresse der Polen aufgehoben. (…) Meine Regierung hat sowohl in Deutschland als auch auf der internationalen Arena die Überzeugung durchgesetzt, dass keine rechtlichen Grundlagen für  dergleichen Förderrechte existieren“. Diese Überzeugung fand seine Bestätigung  in dem Urteil des Europäischen Gerichtshof, was, wie ich hoffe, die Sache ein für allemal geregelt hat“ – resümierte der Kanzler.

 

Die gemeinsamen europäischen Werte

In seiner Analyse der politischen Gegenwartssituation Europas spracht Gerhart Schröder mehrfach den Aspekt der  bisher nur geforderten politischen Einheit des Alten Kontinents an, von der die Nutzung seines wirtschaftlichen und kulturellen Potenzials abhängt. Die Ausarbeitung der Stellung Europas als drittes weltweites politisches Zentrum neben China und den USA muss unser gemeinsames Ziel sein (…) Die Europäische Union als politische, kulturelle und politische Gemeinschaft ist ein weltweites Phänomen. Die übernationale Einheit der europäischen Werte, die den EU Bewohnern Freiheit, Frieden, Wohlstand und Sicherheit garantiert, ist ein Beispiel für andere Länder und Regionen“, sagte Schroeder und verbarg nicht die Notwendigkeit der institutionellen Reformen der Europäischen Union. Durch ihr Fehlen soll Europa eine effektive Politik entzogen werden und von der Realisierung einer einheitlichen politischen Linie in den internationalen Beziehungen entfernt werden. Er bezeichnete diese Situation als ,, die Trennung von den traditionellen europäischen Werten “. Die Gefahr eines solchen Zustands sah Schroeder durch die fehlende europäischen  Verständigung in den Beziehungen mit den Vereinigten Staaten. Diese Beziehungen bezeichnete Schroeder - im Kontext der Waffenintervention im Irak - als schädlich und widersprüchlich nicht nur zu den fundamentalen Regeln des Transatlantischen Paktes aber auch zur Einheitspolitik der Europäischen Union selbst – nämlich den Grundsätzen der Partnerschaft und der friedlichen Problemlösung.

 

Russland - der vierte Winkel im Weimarer Dreieck.

Trotz der Schwierigkeiten beim Wiederaufbau der Regel des partnerschaftlichen Wirkens, sieht Gerhard Schroeder die letzten zwanzig Jahre als eine sehr intensive Etappe der Vereinigung, die durch zwei Weltkriege zerschlagen wurde, die wiederum dramatische Auswirkungen für Europa hatten. Hierzulande hat Schroeder die Unabhängigkeit und das politische Potenzial der neuen EU - Mitglieder als die wichtigsten Faktoren der weiteren Entwicklung der Gemeinschaft angesehen. Insbesondere betrifft dies Polen, das sich nach Schroeders Konzept als Hauptträger der Ostgemeinschaft der EU in erster Linie auf Russland ausgerichtet. ,, Die Beziehungen zwischen Deutschland und der ehemaligen Sowjetunion belegten einen besonderen Platz in Willy Brandts  politischem Konzept, (…) sowohl aus der Sicht der deutschen Innenpolitik als auch  im Hinblick auf die europäische Sicherheitspolitik. So gehört auch heute die konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland zu unseren Prioritäten. Es gibt zwei Hauptargumente, die für die Annahme der Russlandpolitik sprechen. Es ist die Energiesicherheit und die Stabilisierung der politischen Situation des Alten Kontinents auch außerhalb der Europäischen Union. Wie der Kanzler überzeugte ,, gibt es sowohl für die Europäer als auch für die Russen wirklich viele gemeinsame Interessen. Zu ihnen gehören solche Angelegenheiten wie Entmilitarisierung, Stabilisierung der Situation in Afghanistan und im Kaukasus wie auch der Bau der Nord Stream Pipeline, der zu den wichtigsten Unionsprojekten gehört und dabei ,, das  größte Energievorhaben der EU darstellt. Auf die allgemeineuropäische Bedeutung des Baus der Gasleitung, von Schroeder als ,, Projekt, zu dem alle Unionsmitglieder eingeladen sind“ genannt,  sollen die rechtlichen Rahmen der Projekte hindeuten, die die Form von Europäischen Beschlüssen  haben. Ein weiteres Argument ist die Möglichkeit der Unionsländer, trotz schwerer wirtschaftlicher Lage 7,4 Milliarden Euro zu investieren. ,, Dies garantiert die Entstehung von Tausenden Arbeitsplätzen in Energiebetrieben, im Schwerbetrieb und in der Logistik in ganz Europa“ – versicherte der Kanzler. Während der Diskussion kamen Fragen um die Richtigkeit der Bezeichnung  der Nord Stream Pipeline als ,,Allgemeineuropäisches Projekt“. Es gab auch Fragen, ob man die Polnisch- Russisch- Deutschen Bezeihungen gerade eben im Kontext des Baus der Gasleitung Nord Stream als partnerschaftlich bezeichnen koenne. Diese fragne hatte Schröder schon vorher beantwortet , indem er schon am Anfang seines Vortrags an den an Polen gerichteten Vorschlag des Anschlusses an die Gasleitung erinnerte. Sowohl die Politik Deutschlands als auch die EU- Politik seien keinesfalls gegen Polen gerichtet. Schröder Meinung nach kommt es in der polnischen Gesellschaft immer wieder zur Bekräftigung von solchen Vorstellungen. Die gemeinsame Geschichte Polens, Deutschlands und Russlands, die Geschichte, die für die polnische Nation eine schwere Erfahrung war, hinterließen ihre Spuren im polnischen Bewusstsein. Ebenso hinterlässt sie auch ihre Spuren in der Politik- erklärte Schröder, indem er zugleich andeutete, dass wir für diese gemeinsame Geschichte heute die Verantwortung tragen müssen, wobei wir es jedoch  vermeiden sollten, die Gegenwartsgeschichte unter ihrem Gewicht zu definieren.

Mehrmals hat Gerhard Schröder während seines Vortrags von der Kraft und Unabhängigkeit Polens in der EU gesprochnen, indem er zugleich betonte, dass dies eine besondere Bedeutung eben in den Beziehungen zwischen der EU und Russland hat. Die Trennung von der Politik der Konfrontation mit Russland,  die von den USA begrüßt und unterstützt wurde, wurde vom ehemaligen Kanzler im Hinblick auf die europäische Ebene als die Unterstützung der georgischen und ukrainischen Opposition Russland gegenüber charakterisiert. Diese sogenannte Trennung von der Politik der Konfrontation soll dem Prozess der Annäherung Russlands und der EU einen Anfang geben. Dessen Resultat sollen nicht nur strukturelle und juristische Reformen  Russlands sein, die die weitere Zusammenarbeit ermöglichen, sondern auch das Erlangen solcher Ziele wie den Beitritt der Ukraine zur EU. Das Fehlen einer aktiven und verantwortlichen Teilnahme Polens in diesem Wirken, soll ihm, Schroeders Ansicht nach, jegliche Erfolgschancen entnehmen. Darum forderte Schroeder die Polen gegenüber wirkungsvolle Initiative des Weimarer Dreiecks auf die französisch- deutsch-polnisch-russische Ebene zu übertragen. Wir sind den Forderungen von Willy Brandt gegenüber verpflichtet - das heißt den Forderungen der Ostzusammenarbeit und der Politik der guten Nachbarschaft. Die Aufgabe (…) der europäischen Integration ist es, sie auf alle Länder Europas zu übertragen - erinnerte der Kanzler.

 

Von Dominika Uczkiewicz

Übersetzung: Kamila Feliks